Das Beste aus beiden Welten – Wie E-Commerce traditionelle Kleinunternehmen in Ghana fördert
Der „große Tag“ ist überall auf der Welt eine große Sache. In Ghana sind Hochzeiten nicht nur ein Fest der Liebe zwischen zwei Menschen, sondern auch ein Symbol für Einheit, Freude und Tradition. Hochzeiten sind eine Gelegenheit für Familien und Freund*innen, zusammenzukommen und zu feiern. Natürlich ist die To-do-Liste des Paares in den Wochen und Monaten vor der Hochzeit lang und ganz oben auf der Liste steht das perfekte Brautkleid. Aber was, wenn dieses nicht im Laden nebenan zu finden ist?
Wir haben mit Abena Obuba, CEO und Gründerin von Akatasia Brides, einem in Accra ansässigen Brautmodengeschäft, darüber gesprochen, warum E-Commerce eine entscheidende Rolle für ihr Unternehmen spielt.
Da ghanaische Hochzeiten in zwei Zeremonien mit unterschiedlichen Outfits abgehalten werden, ist die richtige Kleidung umso wichtiger. Bei der traditionellen Zeremonie, die zu Hause stattfindet, kommen die Familien in ihrer traditionellen Kleidung, dem Kente, zusammen und zeigen ihre Kultur durch ihre Kleidung. Bei der kirchlichen Trauung kommt dann das weiße Brautkleid zum Einsatz. Abena entwirft Brautkleider und maßgefertigte Kentes und begleitet die Braut von der Auswahl des Kleides bis zur Änderung der Passform – manchmal alles online. Sie betreibt sowohl einen Online-Shop als auch einen physischen Laden und ist auf diversen Social-Media-Kanälen aktiv.
Mehr Kund*innen durch e-Commerce erreichen
„Ich wusste um die Macht des Internets, also habe ich ohne Ladengeschäft angefangen, sondern mit Anproben zu Hause.“
Abena Obuba, CEO und Gründerin von Akatasia Brides
Doch als die Umsätze stiegen, wurde ein Ladengeschäft für die voluminösen Hochzeitskleider notwendig, denn sie passten einfach nicht mehr in ihre Wohnung.
Für Abena ist es schwer vorstellbar, dass sie ihr Geschäft nur offline betreibt. Online zu sein, kann jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen: „Die Menschen, die in dasselbe Business einsteigen wollen, sehen deine Preise und können mit dir konkurrieren. Sie können deine Designs auf der Grundlage deiner Bilder stehlen und deine Bilder auch dazu verwenden, ihr Geschäft zu vermarkten.“
Doch nach mehr als acht Jahren im Geschäft hat die Erfahrung gezeigt, dass die Vorteile bei weitem überwiegen. Die größten davon sind: Als Kund*in ist es viel einfacher, Produkte verschiedener Verkäufer*innen zu vergleichen. Für die Verkäufer*innen ist es wiederum viel einfacher, eine größere Gruppe von potenziellen Kund*innen zu erreichen.
„Wenn man das Geschäft nur physisch betreiben würde, hätte man einen großen Nachteil, da man nur lokal tätig wäre und auf Mundpropaganda angewiesen wäre. Wenn man aber sein Geschäft online betreibt und eine Website hat, bedient man eine größere Anzahl von Menschen. Als ich meine Website einrichtete, merkte ich, dass die Leute anfingen, mir zu vertrauen, sie kauften die Kleider nicht unbedingt auf der Website. Aber weil ich die Website hatte, konnten sie dem Unternehmen vertrauen. Sie sahen, dass es jemandem ernst ist mit dem, was er tut.“
Der Wert des Vertrauens beim Online-Einkauf
Viele von Abenas Kunden sind Ghanaer*innen, die in den USA leben und entweder ihre Hochzeiten in ihrem Heimatland planen oder ihre ghanaische Kultur durch ihre Kleider in ihren neuen Wohnort bringen wollen. Da die Kund*innen so weit weg sind, werden die Änderungen von Kleidern durch den Austausch von Maßen und Fotos über einen Messenger online durchgeführt. Es handelt sich nicht nur um eine Dienstleistung, sondern vielmehr um ein Erlebnis. Und das erfordert eine Menge Vertrauen.
„Wenn man Produkte verkauft, die man einfach an die Kund*innen verschicken kann, dann haben sie das Erlebnis danach. Aber bei einem Hochzeitskleid ist das anders. Mein Service ist ein eher privater Service. Meine Kunden können mich direkt über Zoom oder Whatsapp erreichen, und wir nehmen die Maße und Änderungen online vor. Wir interagieren sehr persönlich, so dass sie nicht hier sein müssen.“
Abena Obuba, CEO und Gründerin von Akatasia Brides
Der E-Commerce in Afrika entwickelt sich rasant, doch wirksame Vorschriften für diesen Sektor sind oft noch nicht vorhanden oder hinken der Entwicklung der Technologie hinterher. Die begrenzte Harmonisierung von Regeln und Vorschriften schränkt den afrikanischen E-Commerce-Sektor weiter ein. Die Pan-African E-Commerce-Initiative konzentriert sich darauf, den rechtlichen Rahmen für den elektronischen Handel zu stärken, indem sie die relevanten Interessengruppen bei der Entwicklung und Umsetzung von E-Commerce-Vorschriften berät.
Das Angebot innovativer elektronischer Zahlungsmethoden wie das so genannte Mobile Money („MoMo“) vereinfacht das Online-Shopping.
Geld, das auf die SIM-Karte eines Telefons geladen wird und mit einer Mobile Money-Nummer verknüpft ist, kann ein Bankkonto ersetzen, das nicht allen Menschen zur Verfügung steht. Mit einer gesicherten PIN kann das Geld dann von Nummer zu Nummer übertragen werden.
Die Pan-African E-Commerce Initiative unterstützt Smart Africa dabei, ein Konzept zur Verbesserung des elektronischen Zahlungssystems für den digitalen Handel in Afrika zu entwickeln.
Vertrauen ist im Allgemeinen ein entscheidender Bestandteil jeder E-Commerce-Transaktion zwischen Kund*innen und Verkäufer*innen. Es bildet die Grundlage für den Aufbau einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung, bei der die Kund*innen auf die Sicherheit ihrer persönlichen Daten vertrauen können und die Verkäufer*innen sicher sein können, dass sie für ihre Waren und Dienstleistungen bezahlt werden.
Die Pan-African E-Commerce Initiative hat ein Vertrauenssiegel eingeführt, mit dem E-Commerce-Unternehmen in Ruanda zertifiziert werden, die hohe Qualitätsstandards erfüllen. Ziel ist es, das Vertrauen der Kund*innen zu stärken, was letztendlich zu einem Anstieg der E-Commerce-Umsätze führt.
Für Abena ist es die Interaktion in den sozialen Medien, die das Vertrauen der Kund*innen zu ihr stärken: „Wenn dir jemand eine Nachricht schickt, musst du bereit sein zu antworten. Wenn du zu lange brauchst und nicht richtig interagierst, wird der*die Kund*in dir nicht vertrauen. Warum sollte man eine*r Verkäufer*in vertrauen, der nicht einmal auf eine Nachricht antwortet, wenn er einem ein Produkt schickt, nachdem man es vorher bezahlt hat? Interaktion ist der Schlüssel, man muss den Menschen hinter dem digitalen Gerät sehen, und genau das fehlt vielen Unternehmen. Sie sehen ihre Kund*innen nur als Zahlen und nicht als echte Menschen, mit denen man interagieren und Vertrauen aufbauen muss.
Vertrauen ist ein langer Weg. Ein*e zufriedene*r Kund*in wird das Unternehmen weiterempfehlen: „Bewertungen haben eine sehr große Kraft: Meine Kund*innen haben die Möglichkeit, mich bei Google zu bewerten. E-Commerce macht es den Leuten sehr, sehr leicht, sich für ein Brautgeschäft zu entscheiden, und es lässt sie dem Geschäft vertrauen – wenn alle anderen Bräute es empfehlen, muss es gut sein.“
Wie E-Commerce-Schulungen das Geschäft ankurbeln
Abena hat ihre Kenntnisse und Fähigkeiten über die Vorteile des elektronischen Handels in den Schulungen der Pan-African E-Commerce Initiative der GIZ vertieft. Darin werden KMU dabei unterstützt, mit E-Commerce-Lösungen ihr Geschäft auszubauen.
Die Pan-African e-Commerce Initiative (PeCI) bietet gemeinsam mit wichtigen Partnern Schulungen und Coachings für KMU in Ghana, Kenia und Ruanda an, um E-Commerce-Lösungen in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Seit 2020 haben mehr als 400 KMU an den Schulungen teilgenommen, von denen mehr als 50% von Frauen geführte KMU waren.
Die Schulung und das Coaching ermöglichten es Abena, ihr Geschäftsmodell durch die Integration weiterer E-Commerce-Vertriebskanäle zu definieren. Durch die Teilnahme an der Schulung wurde ihr erneut bewusst, wie wichtig die Online-Präsenz für sie ist: „Heutzutage hat jeder ein Telefon in der Hand, warum sollte dein Unternehmen nicht auch dort sein?“ Nach dem PeCI-Training startete sie ihre Website. Seitdem überlässt sie keinen digitalen Kanal mehr dem Zufall und hat entdeckt, dass zum Beispiel Youtube sehr hilfreich ist, um Kund*innen außerhalb Ghanas zu gewinnen.
Ein traditionelles Geschäft in die Online-Welt zu bringen, kann herausfordernd sein, jedoch bietet es für Kund*innen einen zusätzlichen Wert – besonders dann, wenn mehr als eine Dienstleistung geboten wird. Abenas Weg zeigt, wie die Nutzung digitaler Plattformen den Erfolg eines Kleinunternehmens in der digitalen Zukunft verändern kann.
Die PeCI Initiative ist Teil des Digitalzentrums Ghana