Gute Besserung mit Daten: Wie das RKI digitale Lösungen gesünder macht

30 % weniger Krankheitsausbrüche und Einsparungen von bis zu 100 Milliarden Dollar pro Jahr – das sind die beeindruckenden Versprechen von prädiktiven Analysen und KI im Gesundheitswesen. Aber wie können wir sicherstellen, dass diese digitalen Lösungen wirklich greifen und helfen Gesundheitskrisen zu bewältigen? Mit der rasanten Digitalisierung des Gesundheitswesens und der dringenden Notwendigkeit, Pandemien zu bekämpfen, wird die Evaluierung von Gesundheitsprojekten in der internationalen Zusammenarbeit immer wichtiger.
Wie arbeiten das Robert Koch-Institut (RKI) und die Initiative „Digital Innovation Pandemic Control“ (DIPC) bei der digitalen Pandemiebekämpfung zusammen?

Das Robert Koch-Institut (RKI) und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) haben sich in der Initiative „Digital Innovation in Pandemic Control“ (DIPC) zusammengeschlossen, um gemeinsam die digitale Pandemiebekämpfung voranzutreiben. Unser Team in der Abteilung „Evidence-Based Public Health“ im Zentrum für Internationalen Gesundheitsschutz am RKI leitet die Evaluation dieser Initiative, die als DIPC-Evaluation (DIPCE) bekannt ist. DIPC zielt darauf ab, Impfprogramme durch den Einsatz digitaler Lösungen zu verbessern und unsere Fähigkeit zu stärken, auf Notfälle wie Pandemien zu reagieren und diese zu bewältigen. In dieser Rolle fungieren wir als zentrale Anlaufstelle für wissenschaftliche Evidenz und versorgen DIPC mit strategischen Informationen, um die Bemühungen der Initiative kontinuierlich zu planen und zu optimieren.

Was ist das gemeinsame Ziel vom RKI und DIPC im Bereich der Gesundheitsdigitalisierung?

Das gemeinsame Ziel vom RKI und DIPC ist, die Digitalisierung der Gesundheitssysteme in den Partnerländern zu stärken und sie für künftige Pandemien zu wappnen. Die Digitalisierung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitsversorgung ist ein wesentlicher Bestandteil zum Erreichen dieses Ziels, da sie die Effizienz und Agilität des Systems fördert.

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Auf welche Weise unterstützt das RKI die Umsetzung der Mission von DIPC in der internationalen Zusammenarbeit?

Die internationale Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere im Gesundheitsbereich, sollte auf fundierten Erkenntnissen beruhen. Um DIPC und seine Partner*innen zu unterstützen, hat das DIPCE-Team (Evaluierungsvorhaben der DIPC-Initiative) verschiedene Forschungsbereiche priorisiert, um Herausforderungen vorherzusehen und den Aufbau der Initiative zu verbessern. Ein konkretes Beispiel ist die Entwicklung eines digitalen Tools für Gesundheitspersonal, das bei Impfkampagnen zum Einsatz kommt. Genaue Daten aus diesen Kampagnen sind wichtig, um die Impfungsrate zu messen, nicht geimpfte Gemeinschaften zu identifizieren und die Ressourcenzuweisung zu verbessern. In ressourcenarmen Umgebungen leidet jedoch oft die Qualität der Daten. Um dieses Problem zu beheben, soll künftig ein digitales “Gamification-Tool” helfen: Durch den Einsatz von Spielelementen in nicht-spielerische Umgebungen wird die Nutzung dieses Tools attraktiver und motivierender für das Gesundheitspersonal, was die Qualität der Dateneingabe deutlich verbessert.

Warum spielt die Evaluation in der Entwicklungszusammenarbeit eine so entscheidende Rolle und welche Wirkung zeigt sie?

 Die finanziellen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit sind in den letzten drei Jahrzehnten gesunken, während der Bedarf weiter steigt. Entscheidungsträger*innen müssen daher bei der Mittelvergabe sorgfältig Prioritäten setzen

Evaluierung ist dabei unerlässlich, denn sie zeigt, was unter welchen Umständen für wen und in welchem Umfang funktioniert. Dieses Wissen hilft Entscheidungsträger*innen und Kooperationsorganisationen, die effektivsten Maßnahmen zur Bewältigung dringender globaler Gesundheitsprobleme zu identifizieren und zu finanzieren. Dieser Ansatz maximiert nicht nur die Wirkung der verfügbaren Ressourcen, sondern stellt auch sicher, dass die Maßnahmen tatsächlich wirksam sind und Leben retten

Charbel El Bcheraoui

Auf welche drängenden Fragen unserer Zeit bietet eine Initiative wie DIPC Antworten?

Im Gesundheitswesen hängt der Erfolg stark von evidenzbasierten Praktiken ab, die hochwertige Daten erfordern. Eine der größten Herausforderungen ist das fehlende Zusammenspiel zwischen verschiedenen Gesundheitsinformationssystemen, was die Datensammlung und -nutzung für Entscheidungsträger*innen erschwert. Die DIPC-Initiative befasst sich genau mit diesem kritischen Problem: sie bietet Lösungen, die eine nahtlose Datensammlung und -übertragung zwischen unterschiedlichen Gesundheitssystemen ermöglichen. Dadurch erhalten Entscheidungsträger*innen umfassende und umsetzbare Erkenntnisse. Diese Initiative spielt eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Wirksamkeit digitaler Gesundheitsmaßnahmen weltweit und trägt zu fundierteren und effektiveren Strategien für die öffentliche Gesundheit bei.

Worauf wird es in Zukunft ankommen, wenn wir sicherstellen wollen, dass Innovationen im Gesundheitswesen gerecht und zugänglich für alle Gemeinschaften sind?

Die Zukunft der globalen Gesundheit wird maßgeblich davon abhängen, wie effektiv wir Zusammenarbeit und Innovation vorantreiben können. Bei der Bekämpfung von Pandemien und der Digitalisierung von Gesundheitssystemen ist es unverzichtbar, starke Partnerschaften zu schmieden, Wissen auszutauschen und kreative Lösungen für effektive Maßnahmen zu finden. Es ist von zentraler Bedeutung, dass wir bei der Bereitstellung von Gesundheitsdiensten stets Gerechtigkeit und Zugänglichkeit im Blick behalten. So stellen wir sicher, dass die Fortschritte im Bereich der digitalen Gesundheit allen Gemeinschaften zugutekommen, insbesondere den am meisten gefährdeten. Wir müssen uns weiterhin für evidenzbasierte Ansätze und datengestützte Entscheidungsfindung in der öffentlichen Gesundheit einsetzen. Durch den gezielten Einsatz von Technologie und die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit können wir die Gesundheitssysteme nachhaltig stärken, die Gesundheitsergebnisse signifikant verbessern und die Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen Pandemien und Gesundheitskrisen erhöhen. Nur so können wir gewährleisten, dass Innovationen im Gesundheitswesen tatsächlich alle erreichen und langfristig positive Auswirkungen haben.

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Charbel El Bcheraoui ist Gesundheitswissenschaftler mit über 17 Jahren Erfahrung in der Public-Health-Forschung und -Umsetzung auf verschiedenen Kontinenten. Derzeit leitet er die Abteilung Evidenzbasierte öffentliche Gesundheit am Robert-Koch-Institut in Deutschland, die sich auf den internationalen Gesundheitsschutz konzentriert. In seiner langjährigen Laufbahn war er unter anderem Assistenzprofessor am Institute for Health Metrics and Evaluation und Senior Evaluation Advisor an der University of Washington, wo er Gesundheitsämter bei der Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse für Initiativen im Bereich der öffentlichen Gesundheit unterstützte. Charbel stammt ursprünglich aus Beirut, Libanon, und hat in zahlreichen Ländern gelebt und gearbeitet und an wichtigen globalen Gesundheitsprojekten mitgewirkt.