In Zeiten globaler Autokratisierung sowie gesellschaftlicher und politischer Polarisierung nimmt die Relevanz von Desinformation stark zu. Insbesondere während Wahlkämpfen werden gezielt gefälschte Nachrichten und manipulierte Inhalte verbreitet, um das Vertrauen in politische Gegner zu untergraben und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. In der heutigen globalen und digitalen Informationsumgebung kann Desinformation ohne großen Aufwand und Kosten produziert werden. Manipulative Inhalte und gefälschte Nachrichten verbreiten sich schnell.
Dies kann demokratische Prozesse aushöhlen, die Legitimität von Wahlen in Frage stellen und ganze Staaten und Gesellschaften herausfordern. Der im Frühjahr 2024 erschienene Global Risks Report des Weltwirtschaftsforums benennt Des- und Fehlinformation als die aktuell größte Bedrohung für die internationale Gemeinschaft und auch UN-Generalsekretär António Guterres spricht von einer „Epidemie der Fehlinformation“.
Gemeinsames Handeln notwendig
Um diesem Phänomen angemessen zu begegnen, ist das Zusammenwirken aller Akteure und verschiedener Ansätze notwendig. Daher unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit den Kapazitätsaufbau ihrer Partner auf verschiedenen Ebenen und unter Einbeziehung von Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft, Wissenschaft, Medien und Regierungen. Beispielweise werden staatliche und nichtstaatliche Fach- und Führungskräfte zu digitalpolitischen Themen beraten, darunter zu koordinierter Krisenkommunikation bei Desinformationskampagnen, strategischer Kommunikation (z.B. Prebunking und proaktive Kommunikation) sowie KI-Regulierung oder Selbst-Regulierung von sozialen Plattformen.
In Westafrika fördert das BMZ beispielsweise mit Unterstützung des Europäischen Auswärtigen Dienstes das Projekt „Stärkung der Vertrauenswürdigkeit von Information in Westafrika“. Ziel ist es den Kapazitätsaufbau von Zivilgesellschaft, Medienschaffenden und Regierungsakteuren, mit einem Fokus auf Jugendliche und Frauen, in Côte d’Ivoire und Senegal zu stärken. Im Vordergrund steht das Identifizieren, Beobachten und Reagieren auf Desinformationen mit einem Multi-Akteurs- und Whole-of-Society-Ansatz. Dabei werden bestehende Instrumente eingesetzt und neue Ansätze erprobt, die z.B. mithilfe Künstlicher Intelligenz automatisiertes Erkennen von Desinformationen vereinfachen sollen. Um transnationalen Desinformationskampagnen und Strukturen entgegenzuwirken, werden zudem länderübergreifende Netzwerke aufgebaut und (Selbst-)Regulierungsfragen auf regionaler Ebene diskutiert.
Rolle der Medien essenziell
Damit Desinformation frühzeitig entkräftet werden kann und sich nicht verfängt, sind profunde journalistische Arbeit, unabhängige Medienhäuser und ein hohes Maß an Medienkompetenz in der Bevölkerung unabdingbar. Die DW Akademie ist das Zentrum der Deutschen Welle für internationale Medienentwicklung, journalistische Aus- und Fortbildung und Wissensvermittlung. Als strategischer Partner des BMZ trägt sie mit ihren Projekten rund um die Welt zu robusten Mediensystemen und zur Bekämpfung von Desinformation bei.
So stärkt die DW Akademie gemeinsam mit Organisationen in Partnerländern beispielsweise die Möglichkeiten von Medienhäusern, sich finanziell stabil aufzustellen, um unabhängig berichten zu können. Zudem bestärken sie die Fähigkeit der Menschen, Medien kritisch und kompetent zu nutzen. Um ihre wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu fördern, entwickeln Medienunternehmen, unterstützt von der DW Akademie, ihr Geschäftsmodell weiter und machen sich über Krisensituationen Gedanken. In Georgien etwa erhalten lokale Qualitätsmedien Trainings, Coachings und Beratungen zu Publikumsforschung, Markenentwicklung oder Management. Auch journalistische Fortbildungen im Bereich Faktenchecks sind Teil des Projekts. Menschen in verschiedenen Gebieten des Landes können sich dadurch mit höherwertigen Nachrichten versorgen und Desinformation besser erkennen und einordnen.
Medienkompetenz ist eine weitere wichtige Säule im Kampf gegen Desinformation. Die DW Akademie und ihre Partnerorganisationen unterstützen Menschen in Partnerländern der deutschen EZ darin, qualitativ hochwertige Informationen von Falschnachrichten, Propaganda oder Werbung zu unterscheiden. Dadurch werden Gesellschaften widerstandsfähiger gegenüber Lügen und Manipulation, insbesondere im Vorfeld von Wahlen.
In verschiedenen Ländern Mittel- und Südamerikas schwächen Desinformationskampagnen von Regierungen und kriminellen Netzwerken öffentliche Institutionen und untergraben den Rechtsstaat. Die DW Akademie und ihre Partnerorganisationen leisten Aufklärungsarbeit und setzen sich für kritische Mediennutzung ein. Gemeinsam mit dem Institut für Radiobildung (IGER) ist die DW Akademie Pionier für Media and Information Literacy in Mittelamerika. IGER integriert Medienkompetenz als Bestandteil von Fernbildungsprogrammen. Mit seinen Inhalten erreicht das Institut über 10.000 junge Menschen aus besonders benachteiligen Teilen der Region. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen können dadurch Medien selbstbestimmter, selbstbewusster und kritischer nutzen und ihre Bildungschancen verbessern.