Rural Women Entrepreneurs – ein #SDF Projekt

 

Zu Beginn des Projekts stellte der #SmartDevelopmentFund digitale medizinische Hilfsmaßnahmen gegen COVID-19 bereit. Mittlerweile schafft das Projekt weitaus mehr als ursprünglich angedacht: Es hat einen zuvor nicht existenten Raum geschaffen, in dem Frauen angehört und medizinisch versorgt werden können. Dank des menschenzentrierten Aufbaus und des kritischen Engagements der lokalen Implementierungspartner United Purpose und mPower hat Rural Women Entrepreneurs das Leben von Frauen und Gemeinschaften im ländlichen Bangladesch nachhaltig verändert.

Das Projekt ist eine Antwort auf die großen Herausforderungen mit denen ländliche Gemeinden während der strengen COVID-19-Lockdowns konfrontiert waren. Aufgrund der Pandemie waren medizinische Dienstleistungen, Informationen und Lieferungen stark eingeschränkt, was die am stärksten gefährdeten Personen in ländlichen Gemeinden unverhältnismäßig stark betraf. Als Reaktion darauf unterstützte das Projekt Bildungsmaßnahmen in bereits bestehenden Frauenwirtschaftszentren. Die Bildungsmaßnahmen umfassten Themen wie die Nutzung telemedizinischen Dienste zur Gesundheitsvorsorge und die Herstellung von Masken.

Das Projekt wurde weiterentwickelt und umfasst mittlerweile ein breites Spektrum an digitalen und kompetenzbezogenen Schulungen, zu denen nun auch Televeterinärdienste gehören. Die Zentren haben es Frauen ermöglicht, ihre Produkte, Kleidung, Kunsthandwerk, Saatgut, Hygieneprodukte und Weiteres zu vermarkten. Dank ihres wachsendes Vertrauens in ihre digitalen Kompetenzen brachten sich einige Frauen durch online Recherchen sogar bei, wie man Pilze kultiviert. Die starken Netzwerke fördern einen stetigen Kompetenzaustausch.​

Machtungleichheiten innerhalb der Gesellschaft anzusprechen, indem Frauen prioritär mit digitalen Werkzeugen ausgestattet werden, hat zu einem unverkennbaren positiven Wandel geführt. Die Women’s Business Center ermöglichen es Frauen, sich als Verbündete gegenseitig zu unterstützen. Dadurch überwinden sie gemeinsam Barrieren, mit denen sie häufig konfrontiert werden.

Unsere #SmartDevelopmentFund-Kollegin Christina besuchte kürzlich die von der GIZ unterstützten Women’s Business Centres, um sich einen Eindruck zu verschaffen, wie sich das Projekt seit seiner ersten Pilotphase im Jahr 2020 entwickelt hat. Während ihres Besuchs interviewte Christina zahlreiche Unternehmer*innen, um herauszufinden, wie stark der Zugang zu Schulungen, Networking, Kapital und Mentoring die individuellen Menschen beeinflusst hat.

Soziale Normen in den Distrikten Khagrachari, Khulna, Jamalpur und Noakhali haben traditionell bestimmte Rollenbilder rund um Frauen in den Bereichen Wirtschaft, reproduktive und mütterliche Gesundheit sowie Digitalisierung geprägt. Diese Regionen sind ethnisch und sprachlich betrachtet zwar sehr vielfältig, haben jedoch einen begrenzten Zugang zu medizinischen Dienstleistungen gemeinsam. Städte sind oft fünf bis sechs Stunden entfernt, Ortschaften eine Stunde mit dem Auto. Dies ist problematisch für die meisten Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, wo die Rikscha das einzige praktikable, wenn auch teure, Transportmittel ist.

Der telemedizinische Zweig des Programms hat einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung in diesen Gemeinden geschaffen und diese erschwinglicher gemacht. Da Frauen die Gesundheitsdienste anbieten, haben sich die Gespräche über zuvor tabuisierte Themen zur reproduktiven und mütterlichen Gesundheit verändert. Einfache Praktiken wie die Verwendung von Hygieneartikeln konnten zum ersten Mal offen diskutiert werden. Durch die Telemedizin werden Frauen ermutigt über geschlechtsspezifische Gesundheitsprobleme zu sprechen und sich über bessere Gesundheitspraktiken für Mütter und Kinder zu informieren.

Einige der Unternehmer*innen gaben an, dass sie es anfänglich schwer hatten. Viele Gemeinschaftsmitglieder waren nicht damit Einverstanden Frauen einen besseren Zugang zum digitalen Bereich zu ermöglichen. Sie zweifelten daran, dass Frauen in der Lage wären, ein erfolgreiches Unternehmen zu führen.

Nachdem sie ihrem lokalen Women’s Business Centres beigetreten war, wurde Anowara Begum 10 Jahre lang von ihrer Großfamilie geächtet. Ihre Familie war nicht damit einverstanden, dass sie sich dafür entschieden hatte, einer Arbeit außerhalb ihres Hauses nachzugehen. „Die Dinge haben sich jetzt geändert“, erklärt sie Christina. Mittlerweile erkennt ihre Familie ihren Erfolg, ihre neue Position als United Purpose Project Officer, und den großen Beitrag, den sie für ihre lokale Gemeinschaft leistet, an.

Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie das Programm das Rollenbild über beratende Frauen verändert hat ist die Unternehmerin Bandana Roy. Frau Roy wird nun regelmäßig von Servicevertreter*innen und prominenten Gemeindemitgliedern kontaktiert, wenn gesundheitliche Entscheidungen getroffen werden müssen. Der lokale Regierungsvertreter machte deutlich, dass sie in der Gemeinschaft „mehr Menschen wie sie“ bräuchten.

Frau Roy ist sich dem großen Privileg und der Verantwortung Unternehmerin zu sein bewusst und sagt: „Wir sind die Kriegerinnen, Frontkämpferinnen, eine Inspiration für andere Frauen… früher waren wir nur Frauen, jetzt sind wir Unternehmerinnen.“

Frau Roy ist eine von vielen Frauen, die jetzt mit neuen digitalen Fähigkeiten, einem Smartphone, Unterstützungsnetzwerken und Geschäftsmöglichkeiten ausgestattet sind. Darüber hinaus hat das Projekt bemerkenswerte immaterielle Ergebnisse erzielt. Frauen haben mehr Selbstvertrauen, sind unabhängiger und entschlossener und gestalten so ihre Zukunft selbstständiger.

Ihre einzigartigen Beiträge zur Gemeinschaft, insbesondere während der harten Lockdown-Monate, haben den Frauen eine größere Sichtbarkeit verschafft. Die Anerkennung und Wertschätzung durch wichtige (männliche) Führungskräfte hat es Unternehmerinnen ermöglicht, ihren Platz als wesentlichen Bestandteil in der Gemeinschaft zu sichern. So tritt letztendlich eine Veränderung ein: Frauen werden anders in ihrem sozialen und kulturellen Umfeld wahrgenommen.

Rural Women Entrepreneurs (RWE) ist ein Projekt mit greifbaren Veränderungen in den Leben der lokalen Bevölkerung im ländlichen Bangladesch. Darüber hinaus zeigt das Projekt, wie menschenzentriertes Design und die kritische Auseinandersetzung mit lokalen Machtstrukturen jedes Projekt zu einem gendertransformativen Unterfangen machen kann. Werkzeuge in die Hände derjenigen zu geben, die zuvor wenig bis gar keinen Zugang zu ihnen hatten, ermöglicht eine transformative Entwicklung, von der im Fall von RWE ganze Gemeinschaften profitiert haben.

 

Fotos © United Purpose