Frauen auf dem Weg in die digitale Zukunft: „Women Going Digital“ startet in Afrika

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    Helen Wiedemann

    (GIZ), Eschborn

© GIZ

Trotz der weltweit fortschreitenden Digitalisierung sind Frauen in der IT-Branche sowohl an Hochschulen als auch in der Arbeitswelt nach wie vor unterrepräsentiert und verfügen oft nicht über die notwendigen Kenntnisse, um in diesem Bereich Fuß zu fassen. An dieser Stelle setzt das Projekt „Women Going Digital“ an: Ein Online-Training soll Frauen in Entwicklungs- und Schwellenländern die Möglichkeit geben, sich zu Themen der Digitalen Transformation weiterzubilden, neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu entdecken und so einen Beitrag zur Gleichstellung der Geschlechter in der digitalen Welt leisten. Im Februar 2023 begann das Roll-Out des nun auch in englischer Sprache verfügbaren Trainings in Namibia über die digitale Lernplattform Atingi.org. Christina Pfandl, Business Scout in Namibia, hat den Prozess maßgeblich begleitet:

„Mit Women Going Digital wollen wir die digital gap zwischen Männern und Frauen verringern, indem wir Frauen zu Themen rund um digitale Transformation und Digitalisierung schulen und ihre Kenntnisse und ihr Wissen stärken.“ (Christina Pfandl, Business Scout for Development)

 

„Und plötzlich ergibt alles Sinn“

Entwickelt wurde die Online-Weiterbildung bereits 2020 in Kooperation mit der AHK São Paulo in Brasilien im Rahmen des Programms Business Scouts for Development. Diese Initiative wird im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH durchgeführt. Die Inhalte können die Teilnehmer*innen im Selbststudium asynchron und online absolvieren, was sich insbesondere während der Pilotphase des Projekts, mitten in der Corona-Pandemie, ausgezahlt hat. Das Interesse am ersten Projektdurchlauf war enorm: 1.000 Frauen zwischen 18 und 55 Jahren hatten sich beworben, 90 wurden in Brasilien ausgewählt, zehn nahmen im ebenfalls portugiesischsprachigen Mosambik teil. Durch die digitale Vermittlung der Inhalte konnten die Frauen die Kurse optimal in ihren Alltag integrieren. Sie erwarben unter anderem Kenntnisse in agilen Methoden, Blockchain und 3D-Druck, Informationsverarbeitung, E-Commerce, Cloud Computing und erhielten bei erfolgreichem Abschluss ein Zertifikat.

Nach der erfolgreichen Pilotierung wurde der Kurs in das ständige Angebot der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer in São Paulo aufgenommen und in spanischer Sprache auch in Argentinien und Peru von den dortigen deutschen Auslandshandelskammern eingeführt. Bisher haben den Kurs insgesamt 454 Frauen in Lateinamerika absolviert. Bei jeder Einführung des Programms in einer neuen Sprache werden die spezifischen lokalen Kontexte und Herausforderungen identifiziert und berücksichtigt, um sicherzustellen, dass die Inhalte auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Frauen vor Ort zugeschnitten sind.

Mit der englischen Übersetzung des Trainings haben nun auch Frauen in Afrika kostenlosen Zugang zu den Inhalten. Über die Plattform Atingi steht der Kurs allen Interessierten zur Verfügung – ab Ende April 2023 auch auf Französisch.

Eine Gruppe von 100 namibischen Frauen hat darüber hinaus die Chance erhalten, Teil der afrikanischen Pilotgruppe im Rahmen des Programms Business Scouts for Development zu sein. Sie werden von einer Agentur für digitales Lernen mit wöchentlichen Check-Ins sowie zusätzlichen Online-Workshops unter Einbindung von Frauen, die in IT-Berufen in der Wirtschaft tätig sind, begleitet.

Auch dies ist Teil des ursprünglichen Konzepts: Ergänzend zu den multimedialen Kursinhalten im Selbststudium werden ausgewählte Themen in Seminaren vertieft. Ein weiterer wichtiger Baustein des Programms ist die Vernetzung von Frauen in der digitalen Wirtschaft. Dazu werden Workshops und Netzwerktreffen organisiert, die den Austausch der Frauen untereinander fördern und ihnen die Möglichkeit geben, von den Erfahrungen anderer zu profitieren.

Das kommt bei den Kursteilnehmerinnen in Namibia gut an. So zieht eine Teilnehmerin aus Ruacana das Fazit:

@ Selma Amwaalanga

„Die Einfachheit, mit der die Informationen präsentiert werden, kombiniert mit dem Selbststudium im eigenen Tempo, macht die Lernerfahrung weniger stressig, interessant und inspiriert dazu, noch mehr zu lernen als die bereitgestellten Materialien. Es ist so einfach, als würde man die richtige Brille aufsetzen, um die Welt, in der man lebt, klar zu sehen, und plötzlich ergibt alles Sinn.“

Selma Amwaalanga, 29

Gleichstellung der Geschlechter im Digitalen fördern

Die Pläne der Business Scouts for Development für die Weiterentwicklung des Trainings hören mit dem Start des Projekts in Afrika aber noch nicht auf. In Zukunft soll verstärkt mit Unternehmen zusammengearbeitet werden, um die Beschäftigungschancen für Frauen weiter zu erhöhen und konkrete Optionen aufzuzeigen.

„Das digitale Zeitalter hat nie dagewesene Möglichkeiten für die Stärkung von Mädchen und Frauen geschaffen, aber die fortschreitende Technologie bringt auch neue Formen der Ungleichheit und Bedrohungen für ihre Rechte und ihr Wohlergehen mit sich. Die Nutzung von digitalen Technologien ist in Ländern des globalen Südens sehr unterschiedlich ausgeprägt. Hier gibt es auch große Unterschiede zwischen ländlichen Regionen und Städten. Kenntnisse und Zugang sind hier zentral, um Gleichberechtigung auch im digitalen Raum hervorzurufen und zu fördern.“ (Christina Pfandl)

Durch die gezielte Förderung von Frauen in einem zukunftsrelevanten Sektor ist das Projekt „Women Going Digital“ ein wichtiger Schritt in Richtung einer (digitalen) Welt, die inklusiver und gleichberechtigter ist. Die Förderung von digitalen Fähigkeiten und die Vernetzung von Frauen in der Privatwirtschaft stärkt nicht nur die Stellung von Frauen in der Arbeitswelt. Auch die Gesellschaft als solche profitiert von neuen Perspektiven und Innovationen, die durch eine breitere und vielfältigere Beteiligung an der digitalen Transformation gewonnen werden.