Wie kann KI demokratisiert werden? Nachhaltige Mechanismen, um Erdbeobachtungsdaten offen zugänglich zu machen
Erdbeobachtungsdaten (EO-Daten) verändern derzeit die Art und Weise, wie wir Weidehaltung betreiben, Städte planen, Wälder erhalten oder auf Hungerkrisen reagieren. Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, die Nutzung von EO-Daten in großem Maßstab zu erweitern. Bilder von Satelliten können bereits sehr detailliert sein. Dennoch braucht man menschliche Qualitätskontrolle sowie oft auch lokale Messdaten, um KI-Modelle so zu trainieren, dass sie den Inhalt von Satellitenbildern richtig erfassen und zum Beispiel automatisch erkennen können, welche Nutzpflanzenarten oder Waldgebiete geschützt werden sollten. Dieser zusätzliche Aufwand zur Erstellung von Trainingsdaten für KI-Modelle ist teuer.
Maximale Nutzung von EO-Daten: BMZ digilab und FAIR Forward initiieren ii2030-Prozess mit Radiant Earth
Was wäre möglich, wenn Start-ups und Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt auf diese Daten zugreifen könnten? Radiant Earth, eine gemeinnützige Organisation, stellt seit Jahren EO-Datensätze öffentlich zur Verfügung. Doch obwohl sie über ihren Dienst Radiant MLHub Zugang zu über 60 neuartigen Trainingsdatensätzen gewährt, wurden nur relativ wenige davon bisher genutzt. Woran liegt das? Das BMZ digilab und die GIZ-Initiative FAIR Forward förderten einen ii2030-Prozess, um folgender Frage nachzugehen:
Wie können wir den offenen Zugang zu hochwertigen, für maschinelles Lernen geeigneten Erdbeobachtungsdaten nachhaltig sicherstellen?
ii2030 ist eine systemische Innovationsmethode von Endeva, die es einer Gruppe von Akteur*innen ermöglicht, Problemstellungen und Lösungsansätze aus neuen und gemeinschaftlichen Perspektiven zu betrachten.
Kostenloser Zugang garantiert keine nutzbaren Daten für alle
Offener Zugang wird oft mit ‚kostenlos‘ gleichgesetzt. Wenn alle die EO-Daten nutzen können sollen, sollte dann die Hürde für den Zugang so niedrig wie möglich sein? In den ii2030-Konsultationsworkshops mit Start-ups, Forscher*innen und Förderorganisationen, die den offenen Zugang zu EO-Daten unterstützen, wurde diese Annahme in Frage gestellt. Eine von ihnen erstellte Systemkarte zeigte, dass es den Erzeuger*innen validierter, offener EO-Datensätze oft an Anreizen fehlt, die Daten so aufzubereiten, dass sie für andere wertvoll sind. Und diejenigen, die versuchen, die geteilten Datensätze zu nutzen, haben ihrerseits wenig Anreiz, Feedback zu geben. Es zeigte sich, dass die Annahme, die Daten müssten kostenlos sein, die Verfügbarkeit brauchbarer, hochwertiger EO-Daten auch behindern kann.
Marktmechanismen hingegen können den Abgleich von Angebot und Nachfrage erleichtern. Der Preis kann hierbei eine wichtige Rolle als Feedback- und Belohnungsmechanismus spielen. Ebenso können die Einrichtung eines Online-Marktplatzes oder das Matching von Anbieter*innen und Nutzer*innen als Dienstleistungen monetarisiert werden. Betrachtet man den Auftrag von Radiant Earth aus dieser Marktperspektive, eröffnen sich auch Finanzierungsmodelle, die die Nachhaltigkeit der Plattform selbst ermöglichen.
Neue Geschäftsmodelle und Lösungsansätze für nachhaltige Bereitstellung und Nutzung von Erdbeobachtungsdaten
Ein Co-Creation-Workshop zusammen mit Radiant Earth und internationalen Akteuren, die mit EO-Daten arbeiten, ging der Frage nach: „Wie können wir die Akteure zusammenbringen, damit Nachfrage und Angebot von EO-Daten übereinstimmen und Wirkung entfalten können?“ Ein neues Geschäftsmodell, das sich für Radiant Earth herauskristallisierte, zielt darauf ab, die Infrastruktur für bestehende Datenanbieter bereitzustellen, damit diese große Datensätze offen teilen oder dafür Gebühren erheben können. Das neue Angebot heißt Source Cooperative, ein Service zur Veröffentlichung von Daten, der als nächste Generation von Radiant MLHub entwickelt wird.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Geberorganisationen in die Lage zu versetzen, ihre Datenbeschaffung zu systematisieren und so transparenter zu machen, welche Datensätze bereits verfügbar sind und möglicherweise wiederverwendet werden können. Radiant Earth hat die Cloud-Native Geospatial Foundation ins Leben gerufen, um effiziente und moderne Verfahren zur gemeinsamen Nutzung von Daten zu fördern. Dies wird dabei helfen, nützliche Best Practices für die gemeinsame Nutzung und Veröffentlichung von EO-Daten zu identifizieren – etwas, das auch im ii2030-Prozess stark betont wurde.
ii2030-Prozess stärkt Radiant Earths Rolle für nachhaltige KI-Innovationen und globale Herausforderungen
Durch den ii2030-Prozess konnte Radiant Earth neue Möglichkeiten finden, das eigene Mandat zu erfüllen und gemeinsam mit den wichtigsten Interessengruppen die künftige Rolle der Organisation im System zu gestalten. Jed Sundwall, Executive Director von Radiant Earth, sagte: „Wir freuen uns auf die nächste Phase von Radiant Earth. Wir haben in den letzten Jahren bemerkenswerte Innovationen im Geodaten-Sektor erlebt, und der ii2030-Prozess hat uns geholfen, besser unsere Rolle zu verstehen, damit mehr Menschen von diesen Innovationen profitieren. Die Cloud-Native Geospatial Foundation wird unserer Community helfen, schnell bewährte Methoden für die gemeinsame Nutzung von Daten zu ermitteln, und Source Cooperative wird einen einfachen Mechanismus für die Veröffentlichung von Daten bieten. Zusammen werden diese beiden Initiativen mehr Menschen auf der ganzen Welt in die Lage versetzen, Daten zur Bewältigung globaler Herausforderungen zu nutzen.“
Ein leichterer, offener und nachhaltiger Zugang zu KI-geeigneten EO-Daten fördert lokale KI-Innovationen und ist eines der Hauptziele von FAIR Forward, einer Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die von der GIZ umgesetzt wird. „Selbst die besten Erdbeobachtungsdaten können nur dann wirkungsvoll genutzt werden, wenn sie leicht zugänglich sind“, sagt Daniel Brumund, Berater bei FAIR Forward. „Wir freuen uns, dass Radiant Earth dank des ii2030-Prozesses nun an einem vielversprechenden Geschäftsmodell arbeitet, um damit umfassend Speicherung, Zugang und Nutzung von EO-Daten für verantwortungsvolle KI-Entwicklung zu unterstützen. Dies wird es Unternehmern, Datenwissenschaftlern, Forschern und politischen Entscheidungsträgern auf der ganzen Welt ermöglichen, Anwendungen zu entwickeln, die zur Lösung akuter Herausforderungen beispielsweise in der Landwirtschaft, Stadtplanung oder Katastrophenrisikomanagement beitragen.“