Faire Plattformarbeit
Auf einen Blick
Die Gig-Economy bezeichnet einen Arbeitsmarkt, der aus Kurzzeitjobs, so genannten „Gigs“, besteht. Diese „Gigs“ werden in der Regel über digitale Arbeitsplattformen vermittelt und von Arbeiter*innen ausgeführt, die nicht dauerhaft angestellt sind. Die Gigs können entweder online als Cloudwork (z. B. Programmieren oder Erstellen von Inhalten) abgerufen und erledigt werden oder zunächst online abgerufen werden, um dann analog und physisch als ortsgebundene Arbeit (z. B. Lieferdienste) ausgeführt werden.
Über 40 Millionen Menschen in Ländern geringen und mittleren Einkommens verdienen einen Teil oder ihren ganzen Lebensunterhalt in der Gig Economy – Tendenz steigend. Digitale Plattformen tragen zur Schaffung von Beschäftigungs- und Einkommensmöglichkeiten durch die erhöhte Verfügbarkeit und den Zugang zu digital vermittelten Arbeitsplätzen bei. In diesem Zusammenhang agieren die Plattformen als Vermittler, die Angebot und Nachfrage miteinander verbinden, aber auch die Rahmenbedingungen für den Austausch und das Verhalten der Arbeiter*innen sowie Auftraggeber*innen setzen.
Neben dem Wachstum und dem Potenzial gibt es auch Herausforderungen, die die neue Arbeitsweise mit sich bringt. Arbeiter*innen können unter anderem unter schlechter Bezahlung, intransparenten algorithmischen Managemententscheidungen und Kündigungen sowie langen Arbeitszeiten leiden. Es fehlen notwendige Voraussetzungen, Wissen und Instrumente zur Förderung fairer Arbeit in der Gig Economy auf nationaler und internationaler Ebene. Hier setzt die politische Initiative Gig Economy an. Die Initiative setzt sich auf der Ebene von Arbeiter*innen, Plattformen und politischen Entscheidungsträger*innen für fairere und höhere Arbeitsstandards in der Gig-Economy ein. Mit einem ganzheitlichen Ansatz versucht die Initiative somit, ein Gleichgewicht zwischen der Förderung neuer und gerechter Beschäftigungsmöglichkeiten und der Minimierung bestehender Herausforderungen herzustellen.
Brasiliens Plattformarbeitende
Jessica, Marcelo und Juliana sind drei von mehr als 600.000 brasilianischen Arbeitenden, die täglich Aufträge über digitale Arbeitsplattformen entgegennehmen. Meist ohne faire Bezahlung, Arbeitsschutz oder das Recht, sich mit anderen Arbeitenden kollektiv zu organisieren – quasi ausgeschlossen vom Schutz des brasilianischen Arbeitsrechts. Wir haben sie in ihrem Alltag begleitet.
Fotoreportage öffnenUnser Ansatz
Das Ziel der Gig Economy Initiative ist es, die notwendigen Voraussetzungen für faire Arbeit in der Gig Economy zu schaffen. Dies geschieht auf der Ebene von 1) Arbeiter*innen, 2) Plattformen und 3) anderen Schlüsselakteur*innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die Initiative bietet Schulungen und Beratungen für Arbeitende an, unterstützt die Einführung eines Bewertungsmechanismus für die Fairness von Plattformen und berät Plattformen bei der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Die Initiative sensibilisiert zudem politische Akteur*innen über die Potenziale und Risiken der Gig-Economy sowie bestehenden Regulierungslücken.
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Die Gig-Economy-Initiative entwickelt Tools und führt Schulungen für Gig-Arbeiter*innen durch, für welche eine Anmeldung hier möglich ist, um sich besser in der Gig Economy orientieren zu können und menschenwürdige Arbeit oder auch eine andere Beschäftigung außerhalb der Gig Economy zu finden. Menschenzentrierte Lernangebote schärfen das Bewusstsein der Gig-Arbeiter*innen für gefragte Fähigkeiten und eigene Rechte. Bisher haben mehr als 20.000 Arbeiter*innen an diesen Trainings teilgenommen und ihr Verständnis zu Bedürfnissen, Herausforderungen und Qualifikationslücken verbessert.
Die Online-Kurse für Gig-Arbeiter*innen, Gig Talks und hybride Schulungsformate bieten den Arbeitenden eine grundlegende Orientierung zur Plattformarbeit und fairen Arbeitsbedingungen. Zudem informieren die Kurse über Gender und Resilienz sowie wichtige finanzielle, sozial und digitale Kompetenzen in der Gig-Economy. Einige Module sind dabei gezielt für bestimmte Sektoren wie online Freelancers und Lieferdienste entwickelt.
Die Weiterbildungskurse unterstützen Gigworker*innen dabei, das Wissen über eigene Rechte und Karrierechancen zu verbessern und können zu verbesserten Arbeitsbedingungen und einem höheren Einkommen führen.
Die Initiative entwickelte verschiedene digitale und datenbasierte Tools, die vertrauenswürdige Information über Faire Arbeitsbedingungen bereitstellen. Mit diesen können sich Gig-Arbeiter*innen schnell an den dynamischen Arbeitsmarkt anpassen und sich leicht fortbilden.
Beispiele:
- Ein Informationstool bietet Einblicke in den Wert sogenannter Microcredentials für berufliche Weiterentwicklung.
- Der Living Tariff Calculator hält aktuelle und verifizierte Informationen zum Kosten eines Gigs in Kenia, Pakistan, Indonesien und Indien bereit. Das Tool basiert auf der Wage Indicator Datenbank und bietet nützliche Einblicke für Arbeiter*innen, politische Entscheidungsträger*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen.
- Das UpSkill Tool wird weltweit getestet. Basiered auf Echtzeitdaten von Plattformen werden gesuchte Skills identifiziert, um zukunftsorientierte Empfehlungen für Fort- und Weiterbildungen zu geben.
Die Initiative legt einen starken Fokus auf Geschlechtergleichstellung und die Maximierung des Potenzials von Arbeiterinnen. Besondere Maßnahmen wie Mentoren- und Peer-Learning-Programme wurden umgesetzt, um diese zu unterstützen.
Eine Reihe von andere Trainingsformaten wie Train the Trainers werden mit verschiedenen Partnerorganisationen, wie etwa Gewerkschaften, Vereinen oder Arbeitsagenturen durchgeführt, um nachhaltige und langfristige Wirkung zu erzielen.
Women Leading Digital – der Podcast
Frauen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus – doch in der digitalen Welt sind Männer deutlich in der Überzahl. 2023 haben 224 Millionen mehr Männer das Internet genutzt als Frauen – das ist fast das Dreifache der deutschen Bevölkerung. Ohne Internet fehlt Frauen der Zugang zu Informationen, Bildung, Netzwerken, Jobbörsen, Finanzprodukten oder Dienstleistungen. Dieser Zustand wird als digitale Kluft bezeichnet und sie wird zunehmend größer.
Im Podcast: „Women leading Digital“ interviewen wir brillante Frauen, die neue Technologie entwickeln und den digitalen Wandel weltweit gestalten – trotz der vielen Herausforderungen. Wir sprechen mit ihnen über die Erfahrung, in einem traditionell männerdominierten Bereich zu arbeiten und welche Lösungen sie entwickeln, um die digitale Kluft zwischen den Geschlechtern zu überbrücken.
Publikationen
Weiterführende Informationen
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Navigieren in der Gig-Economy
E-Learning-Kurse für Gig-Worker, um ihr Potenzial zu maximieren und den Ein- und Ausstieg aus der Gig-Wirtschaft zu unterstützen.
Überblick E-Learning Angebote -
Registrierungsseite
für den Policymaker-Kurs "Potenziale und Risiken digitaler Arbeitsplattformen verstehen".
zur Website -
Re:publica 2023: Click, Hire, Fire Improving the Global Reality and Future of Platform Work
mit Eröffnungsrede von Svenja Schulze Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Zum Video -
Informationstool zum Wert von Microcredentials
Die Weiterbildungskurse können zu besseren Arbeitsbedingungen und einem höheren Einkommen für Gigworker*innen führen.
zur Website -
Living Tariff Tool
Tool für Plattformarbeiter*innen, welches das benötigte Mindesteinkommen berechnet, um einen existenzsichernden Lohn gemäß den lokalen Bedingungen zu erreichen.
zur Website -
Fairwork Summit
Faire Arbeit auf digitalen Plattformen.
zur Aufzeichnung -
Multi-Stakeholder-Dialogue
Maßnahmen für eine fairere Online-Gigarbeit.
zur Aufzeichnung -
Interaktives Lernspiel 'Ein Tag als Plattformarbeiter*in'
Erlebe einen Tag als Ridesharing-Fahrer.
zum Lernspiel