Mit einem Anteil von fast einem Drittel der nationalen Exporteinnahmen ist Kaffee eine der wichtigsten Einnahmequellen Ugandas. Viele Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die ihren Lebensunterhalt mit dem Kaffeeanbau verdienen, stehen heute vor Herausforderungen wie unvorhersehbaren Wetterbedingungen und schwankenden Marktpreisen. Traditionellerweise schätzen sie ihre Ernteerträge manuell. Da diese Methode jedoch zeitaufwendig und fehleranfällig ist, wird es für viele Bäuerinnen und Bauern immer schwieriger, ihre Ernten zuverlässig zu vorherzusagen und damit ihre Produktion und Erträge effizient zu planen.
Einer von vielen, die vom Klimawandel betroffen sind, ist Herbert Katongole – ein Kleinbauer aus West-Uganda. Er nimmt am „Croppie“-Projekt teil und testete einen neuen Lösungsansatz für die beschriebenen Herausforderungen.
Durch Croppie habe ich landwirtschaftliche Techniken kennengelernt, von denen ich nicht wusste, dass sie für meinen Kaffee so wichtig sind. Dank der Ertragsschätzungen und der genauen Ratschläge, die ich erhalten habe, konnte ich Schädlinge und Krankheiten effektiver bekämpfen.
Herbert Katongole, Kleinbauer aus West-Uganda
Das KI-Tool „Croppie“
Unterstützt durch die BMZ/GIZ-Initiative FAIR Forward haben Producers Direct, eine von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern geleitete NGO, in Zusammenarbeit mit dem internationalen Zentrum für tropische Landwirtschaft (CIAT), Bioversity International und M-Omulimisa Croppie (kurz für: Crop Yield Predictions for Smallholders) entwickelt und eingesetzt.
Croppie ist ein Tool, das auf künstlicher Intelligenz (KI) basiert und Kaffeebäuerinnen und -bauern bei der Vorhersage ihrer Ernteerträge unterstützt. Es nutzt KI-Technologie, um den Landwirt*innen in Echtzeit personalisierte Ertragsprognosen und Anbauempfehlungen zu geben. Auf diese Weise hilft Croppie, klimatische Herausforderungen zu bewältigen und landwirtschaftliche Praktiken zu verbessern.
Anhand von Fotos der Kaffeepflanzen, die in die App hochgeladen werden, zählt die KI-gestützte Bilderkennung von Croppie die Kaffeekirschen und schätzt anhand ihrer Menge den voraussichtlichen Ertrag. So werden aus einfachen Fotos wertvolle Daten, die es den Bäuerinnen und Bauern ermöglichen, ihre Ernten genauer zu planen, ihre Finanzen besser zu verwalten und eine bessere Rentabilität zu erzielen.
Zum jetzigen Datensatz haben in den Jahren 2020 bis 2022 erstmals 2.392 Bäuerinnen und Bauern in Kolumbien und Peru beigetragen. Im Jahr 2022 begann die GIZ-Initiative FAIR Forward in Zusammenarbeit mit den Croppie-Partnern, das Projekt auf Uganda auszuweiten. Dafür haben sich Producers Direct und CIAT mit dem in Uganda ansässigen Agrartechnologieunternehmen M-Omulimisa zusammengetan. 359 Bäuerinnen und Bauern sammelten über 1.121 Bilder und halfen so, einen repräsentativen Datensatz für den ugandischen Kaffeesektor zu erstellen. Diese umfangreiche Datensammlung trainierte die KI von Croppie, um präzise Vorhersagen für den lokalen Kontext zu treffen. Heute profitieren die Bäuerinnen und Bauern von KI-gestützten Ertragsprognosen und personalisierter agronomischer Beratung, die sie z. B. per SMS erhalten.
KI trifft auf lokale Expertise
Die Kombination von KI-Technologie und lokalem Wissen schließt die Lücke zwischen Daten und realer Entscheidungsfindung. Dies hilft Kaffeebäuerinnen und -bauern wie James Namara aus West-Uganda enorm.
Croppies Ratschläge helfen mir, mich daran zu erinnern, was genau ich auf meiner Farm zur richtigen Zeit tun muss.
James Namara, Kleinbauer aus West-Uganda
Damit Croppie langfristig wirken kann, werden die wichtigen Bausteine – also Datensatz und Modell – als Open Source auf Hugging Face veröffentlicht. Das macht Croppie zu einem digitalen, öffentlichen Gut und stellt sicher, dass das lokale Ökosystem darauf zugreifen kann.
Um die Nutzung des Tools zu vereinfachen, testete das Croppie-Team ein hybrides Modell, das digitale Tools mit lokaler Expertise von digital-affinen Bäuerinnen und Bauern kombiniert. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die erhaltenen Ratschläge gut in der Praxis anwendbar sind. Das Croppie-Team hat darüber hinaus untersucht, wie KI-generierte Daten Landwirt*innen den Zugang zu Finanzdienstleistungen wie Krediten und Versicherungen erleichtern können, indem die von Croppie berechneten Erträge als Datengrundlage für die zukünftige Produktivität genutzt werden.
Was kommt als Nächstes?
Durch Partnerschaften mit Kaffeekooperativen in Peru, Kolumbien und Uganda hat Croppie lokale Daten und Erkenntnisse gesammelt, die zeigen, welche Funktionen eines solchen Tools den Landwirt*innen den größten Nutzen bringen. Einige von ihnen gaben an, dass die agronomische Beratung zwar hilfreich ist, sie sich aber noch mehr spezifisch angepasste Ratschläge wünschen. Die Weiterentwicklung von Croppie zielt genau darauf ab, damit Empfehlungen noch besser auf die individuellen Bedürfnisse eingehen. Darüber hinaus können geplante neue Funktionen wie USSD und Sprachinterkation die Kontrolle und Verwertbarkeit der Tipps für die Bäuerinnen und Bauern verbessern. Diese Kombination aus KI und dem Fachwissen der Landwirt*innen eröffnet somit spannende neue Möglichkeiten für den Kaffeesektor, um die Produktivität in der gesamten Region zu steigern.
Weitere Informationen zu diesem Projekt:
Veröffentlichung Datensatz und Modell – open source auf Hugging Face