Künstliche Intelligenz: Wer gestaltet die digitale Zukunft – und für wen?

Dieser Artikel ist zuerst hier erschienen: Solution Spaces

Ulrich van Bebber spricht über die großen Ungleichheiten in der KI-Entwicklung und erklärt,  warum Europa jetzt handeln muss, um eine gerechtere KI-Politik zu gewährleisten.

Künstliche Intelligenz (KI) ist weit mehr als nur eine Technologie – sie ist ein Machtfaktor. Doch die globale Verteilung von Rechenleistung und Daten zeigt eine tiefe Kluft. Während einige wenige Länder die Entwicklung dominieren, droht der globale Süden abgehängt zu werden. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzt deshalb mit der „Hamburg Declaration“ ein klares Zeichen für eine gerechtere KI-Politik. Wie sich KI gerechter gestalten lässt und warum Europa jetzt handeln muss.

Über 70 % der weltweiten KI-Rechenleistung entfallen auf fünf Länder alle im globalen Norden. Das heißt: Ein Großteil des globalen Südens sind sogenannte “Compute Deserts” das sind Regionen ohne ausreichende digitale Infrastruktur, um eigene KI-Modelle zu entwickeln oder mitzugestalten. Hinzu kommt, dass über 90 % der bestehenden KI-Modelle auf proprietären, also nicht öffentlich zugänglichen Datensätzen kommerzieller Anbieter basieren. Wer keine eigene Recheninfrastruktur und keinen ausreichenden Zugang zu Daten besitzt, bleibt abhängig und erreicht auch langfristig keine technologische Souveränität!

KI wird so zunehmend zu einem geopolitischen Machtfaktor. Während führende Wirtschaftsnationen um technologische Vorherrschaft konkurrieren, droht vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ein dauerhafter und wachsender Rückstand. Ohne Investitionen in digitale Infrastruktur, Bildung und ethische Leitlinien bleibt der Zugang zu KI-Technologien ungleich verteilt und die Frage, wie KI verantwortungsvoll genutzt werden kann, unbeantwortet.

 

Verantwortungsvoll und inklusiv handeln

Das BMZ setzt sich dafür ein, KI verantwortungsvoll als Werkzeug für nachhaltige Entwicklung nutzbar zu machen und die enormen, auch wirtschaftlichen Chancen für alle Menschen zu erschließen. Gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) haben wir daher die Initiative „Responsible AI for the SDGs“ ins Leben gerufen. Ein zentraler Meilenstein dieser Initiative ist die „Hamburg Declaration on Responsible AI for the SDGs„, die am 2. Juni 2025 veröffentlicht wird. In dieser Erklärung werden Regierungen, Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure sich mit freiwilligen Selbstverpflichtungen dazu bekennen, digitale Ungleichheit abzubauen und faire Rahmenbedingungen für die Entwicklung und den Einsatz von KI zu schaffen, insbesondere für den Globalen Süden. Wie das funktionieren kann, zeigen einige Beispiele.

 

FAIR Forward: KI für alle

Ein Beispiel, wie KI-Technologien für alle weltweit zugänglicher gemacht werden können, ist die BMZ-Initiative FAIR Forward. Sie stellt unter anderem offene KI-Sprachdatensätze bereit, um lokale Innovationen für die Menschen im globalen Süden zu ermöglichen. Mehr als 700 Millionen Menschen in Asien und Afrika konnten so bereits KI-gestützte Anwendungen nutzen:

Das Audio-Tool Audiopedia bietet beispielsweise Gesundheitsinformationen für Frauen und junge Mütter in der indischen Sprache Telugu an. Informationen in lokalen Sprachen schaffen Transparenz und ermöglichen Beteiligung.

In Kenia entwickelte FAIR Forward mit regionalen Partnern einen Behörden-Chatbot, der Swahili „spricht“. Damit können sich kenianische Bürger*innen einfach und niedrigschwellig über staatliche Dienstleistungen informieren – ein wichtiger Schritt hin zu einer bürgernahen Verwaltung und gestärkten demokratischen Institutionen.

 

Europas Verantwortung

Technologische Innovation muss allen zugutekommen. Eine gerechte KI kann nur entstehen, wenn sie als globales Gemeingut behandelt wird. Offene Software, transparente Algorithmen und inklusive Governance-Strukturen sind dafür unerlässlich. Europa hat hier eine besondere Verantwortung und gleichzeitig die Chance, eine ethische und nachhaltige KI-Politik zu gestalten, die über geopolitische Interessen hinausgeht und globale Gerechtigkeit in den Fokus rückt. Das BMZ zeigt mit seinen Initiativen bereits, dass verantwortungsvolle KI möglich ist. Doch es braucht mehr: Die KI-Agenda muss weiterentwickelt, Partnerschaften gestärkt und sichergestellt werden, dass niemand von dieser technologischen Revolution ausgeschlossen wird. Die Hamburg Declaration ist ein wichtiger Schritt – aber nur der Anfang. Es liegt an Europa, eine gerechte digitale Zukunft aktiv mitzugestalten.

Über die Hamburg Declaration: https://www.bmz-digital.global/hsc/