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Apps sorgen für mehr Sicherheit im öffentlichen Raum
Frauen und Mädchen haben in vielen Ländern der Welt deutlich weniger Zugang zu digitalen Tools. Dies muss sich ändern, denn die Digitalisierung eröffnet ihnen viele Chancen: Apps ermöglichen den gegenseitigen Austausch, welcher Heimweg sicherer ist oder bieten Überlebenden geschlechtsbezogener Gewalt Hilfestellung. Bei der RMMV-Konferenz von KfW und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im Februar 2023 wurden digitale Lösungen vorgestellt, die es Frauen und Mädchen erleichtern, sich an der Gestaltung ihres Lebens und ihrer Umwelt zu beteiligen.
Wie komme ich am sichersten von der Bushaltestelle nach Hause? Welche Wege sind gut beleuchtet? Wo sind spätabends noch viele andere Passanten unterwegs? Fragen, die sich Frauen und Mädchen überall in der Welt häufig stellen, wenn sie ihre Wege planen. In Städten wie Rio de Janeiro, Kapstadt, Mombasa oder dem indischen Hyderabad bietet die App „SAFETIPIN“ hier Unterstützung. Die Daten, die als Grundlage dienen, um einen Ort als sicher oder unsicher einzuschätzen, werden von den Frauen und Mädchen selbst via App über ihre Handys gemeldet, mit traditionellen Erhebungen durch die Kommunen und Träger des öffentlichen Personennahverkehrs ergänzt und durch maschinelles Lernen ausgewertet. „Wir arbeiten mit Stadtverwaltungen zusammen, um Veränderungen anzustoßen“, erklärt Dr. Kalpana Viswanath, Mitgründerin und Geschäftsführerin von SAFETIPIN.
Erste Erfolge konnten mit dieser Methode bereits verzeichnet werden: In Delhi, wo bereits 4.000 Kilometer Straße bewertet wurden, entschloss sich die Stadtverwaltung zu einer besseren Beleuchtung für notorisch gefährliche Wege. In Bogotá wurden mehr Videokameras und Fahrradständer platziert. Solche auf „Schwarmintelligenz“ fußende Daten könnten künftig zentraler Bestandteil öffentlicher Transport- und Kommunalentwicklungsprojekte sein, welche die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen systematisch in den Fokus rücken.
Einen weiteren Anwendungsfall greift die Sistah-Sistah-Stiftung aus Sambia auf. Sie unterstützt Opfer geschlechtsbezogener Gewalt – eine Problematik, die während der COVID-Pandemie weltweit rapide anstieg. Die Stiftung vermittelt Hilfsangebote vieler unterschiedlicher öffentlicher und privater Akteure – etwa Rechtsbeistand oder Unterstützung durch das Jugendamt. Dabei arbeitet sie eng mit der niederländischen Nichtregierungsorganisation (NRO) Loop zusammen. Die Kommunikationsplattform Loop bietet Handybesitzern Zugang zur Notrufhotline von Sistah Sistah über Telegram, WhatsApp, Facebook und viele weitere Kanäle, und zwar nicht nur in Englisch, sondern auch in lokalen Sprachen. Durch die Plattform können Hilfsangebote weiterer Akteure eingeschaltet werden, auch wenn die Polizei oder andere staatliche Stellen untätig bleiben. „Wir vermitteln Plätze im Frauenhaus, Therapien und Jobs“, hebt die Co-Geschäftsführerin der Stiftung, Ann Holland, hervor. So konnte bereits vielen Mädchen und Frauen geholfen werden, die sonst ohne Unterstützung geblieben wären.
Auch in Nigeria fand die NRO International Rescue Committee (IRC) eine Lösung, um Frauen und Mädchen trotz der Lockdowns sogar in ländlichen Räumen zu erreichen. Hier wurde eine App eingesetzt, die Informationen über Hilfseinrichtungen, Gesundheitsstationen und Anleitungen für Ersthelferinnen bereitstellt.
Die vorgestellten Beispiele zeigen, wie eine feministische Entwicklungszusammenarbeit in der Praxis aussehen kann und inwiefern frauenspezifisch entwickelte Apps, die remote und anonym genutzt werden können, einen wichtigen Beitrag zum Empowerment von Frauen und Mädchen leisten. Die Daten solcher Plattformen besitzen das Potenzial, zentrale Elemente feministischer Entwicklungspolitik zu werden. Darüber hinaus fordert Claire Barnhoorn, Geschäftsführerin der Vergabeplattform Solvoz, die Geber auf, endlich Standards und Vergabekriterien für ihre Vorhaben zu definieren, die den Frauenanteil in Betrieben und dem Management der beauftragten Unternehmen explizit berücksichtigen.