Wie Open Data und Crowdsourcing die Entwicklungszusammenarbeit verändern
Ob Flutschäden, illegaler Holzeinschlag oder sogar Menschenrechtsverletzungen – all diese Szenarien lassen sich durch Fernüberwachung erkennen und beobachten. Digitale Daten von Drohnen, Satelliten oder Kameras vereint mit der Schwarmintelligenz von Handynutzern und Künstlicher Intelligenz ermöglichen das Managen, Monitoren und Überprüfen von Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) aus der Ferne Remote Management, Monitoring and Verification (RMMV) in einem Maß wie nie zuvor. Bei einer Konferenz von KfW und BMZ Anfang Februar 2023 tauschten sich online rund 800 Teilnehmende aus 80 Ländern von Brasilien bis zum Südsudan über das Thema aus, stellten eine Vielzahl von Best Practice-Lösungen vor und entwickelten Empfehlungen für die Zukunft.
„Wir können die UN-Entwicklungsziele nur erreichen, wenn wir die neuen Technologien einsetzen“, mahnte Robert Opp, Chief Digital Officer (CDO) von UNDP. Ob es um Entwaldungsraten, die Biodiversität einer Region oder das Ausmaß von Schäden nach einer Naturkatastrophe geht, Satellitenbilder und Drohnenaufnahmen helfen, diese einzuschätzen. Open Data aus öffentlich zugänglichen Quellen gewinnen dabei stark an Bedeutung, wie auch die Umfrage unter den Konferenzteilnehmenden zeigte. Wie gut die Daten dazu beitragen, Lösungen zu finden, kommt allerdings immer noch auf den Menschen an: „Die Digitale Transformation ist kein technologischer Prozess, sondern ein kultureller Wandel“, betonte Khalid El Attar, Vizeminister für Automatisierung, Digitale Transformation und Administrative Entwicklung in Ägypten. Transparenz und das Vertrauen der lokalen Zivilbevölkerung bilden die Basis, damit Apps und Plattformen akzeptiert werden.
Bürgerbeteilig*innenung erhöhen
Einfachheit ist das Schlüsselwort, damit eine entsprechende Bürger*innenbeteiligung funktioniert. Dabei sind die Anwendungen so vielfältig wie die Themen der EZ. In Madagaskar etwa laden lokale Bürger*innen Daten auf Open Street Map hoch, um die Verteilung von Wasserstellen, Toiletten und Straßen in informellen Siedlungen zu dokumentieren und damit die Planung zu verbessern. Die App SAFETIPIN ermöglicht es Frauen, sich gegenseitig über die Sicherheit im öffentlichen Raum zu informieren. Die zusammengeführten Datenmengen können von Regierungen und Organisationen der EZ für die Planung genutzt werden, um die städtische Infrastruktur sicherer zu machen. Die App SENSEMAKER ermöglicht die strukturierte Sammlung der Erfahrungen vieler einzelner Menschen, um Hilfebedarfe genauer zu erfassen. Der Erfinder dieser App und Gründer von Cynefin, Prof. Dave Snowden, postulierte die ethische Verpflichtung, bei der Nutzung digitaler Technologien die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und forderte einen Paradigmenwechsel in der EZ – weg von einem Monitoring hin zu einer Bewertung der Daten durch die Betroffenen und einer verteilten Entscheidungsfindung.
Chancen für die Nachvollziehbarkeit von Lieferketten
„Die Entwicklungsbanken kommen ins Spiel, wenn es darum geht, die Instrumente in größerem Maßstab anzuwenden. Dafür werden Finanzmittel gebraucht“, erklärte Dr. Thomas Baldauf, der im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Umsetzung der neuen EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte und Lieferketten vorantreibt und dabei auch auf digitale Anwendungen setzt. Bisher sind Lieferketten etwa von Soja, Palmöl oder Kaffee oft intransparent. Initiativen wie die deutsch-ruandische Kaffeekoop GmbH verwenden daher Tools, mit denen alle Beteiligten der Kaffee-Wertschöpfungskette auf die Daten zugreifen können.
Wie geht es weiter?
Ursprünglich wurden RMMV-Instrumente entwickelt, um Vorhaben in Konfliktregionen zu steuern. Aus der Krise geboren, ist RMMV jedoch inzwischen längst kein Nischenthema mehr. So hat sich in den zwei Jahren seit der Vorgängerkonferenz die Anwendung von RMMV in der EZ stark verbreitet, wie die Vielzahl der vorgestellten Lösungen zeigte. Die KfW Entwicklungsbank, die inzwischen über ein Netzwerk von RMMV-Lotsen verfügt, hat daher 2022 ein umfangreiches Guidebook veröffentlicht, das gängige Instrumente mit ihren Möglichkeiten präsentiert. Um den Zugang zu innovativen Lösungen zu erleichtern, werden zudem in Kürze Informationen über RMMV-Tools- und -Serviceanbieter in einem Booklet zusammengefasst und auf der Konferenzwebseite zur Verfügung gestellt.
Für die Weiterentwicklung der Empfehlungen der Konferenz und den zukünftigen persönlichen Austausch über RMMV und die digitale Transformation in der EZ stellt das[digital.global]-Netzwerk die entsprechende Plattform zur Verfügung.