Wie Indonesien digitale Brücken zwischen ländlichen Gebieten baut

Wie in vielen anderen Ländern der Welt gibt es auch in Indonesien eine große digitale Kluft zwischen Stadt und Land. Die Gründe dafür sind vielschichtig: ländliche Gebiete sind abgelegen, es fehlt an notwendiger Infrastruktur und die Bevölkerung steht vor weiteren Herausforderungen wie Armut und Ressourcenknappheit. Einige Initiativen haben sich jedoch zum Ziel gesetzt, diese Lücke zu schließen. Dazu zählen die School of Community Networks und die Rural ICT-Camps, die jährlich stattfinden.

Im vergangenen Oktober wurde das Team der Initiative FAIR Forward zum Rural ICT-Camp 2023 in Pulo Aceh, Indonesien, eingeladen. Das Thema war ländliche Resilienz, oder Desa Tangguh in Bahasa Indonesia. Der viertägige Workshop wurde von Common Room veranstaltet. Die Netzwerkorganisation setzt sich für digitale Konnektivität in ländlichen Gebieten ein. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen die sogenannten „5 L-Prinzipien“, die eine gemeinschaftsbasierte Internetinfrastruktur gewährleisten: wenig Technik (low tech), wenig Energie (low energy), lokale Unterstützung (local support), geringe Lernkurve (low learning curve) und geringer Wartungsaufwand (low maintenance).

FAIR Forward hat in einem Webinar Teile seiner Arbeit vorgestellt und erklärt, wie Sprach-KI digitale Konnektivität verbessert und einer größeren Anzahl von Menschen ermöglicht, mit digitalen Diensten in ihrer Sprache zu interagieren. Ihr Partner, Prosa.ai, ein indonesisches Startup-Unternehmen im Bereich der natürlichen Sprachverarbeitung (NLP) betonte die Rolle von lokalen Sprachen und Dialekten. Sie tragen nicht nur zur Bewahrung von kulturellen und identitätsstiftenden Elemente bei, sondern sind auch die Grundlage für lokale digitale Lösungen wie Informations-Chatbots. Ibu Ayu von Prosa.ai und ihr Team sammeln Daten für lokale Sprachen – darunter Bahasa Bali, Bahasa Bugis und Bahasa Minang. Ihnen ist es wichtig, verschiedene Verfasser*innen zu rekrutieren, um Datensätze zu erstellen und zu beschriften, die Dialekte umfassend repräsentieren. Dafür binden sie die lokale Gemeinschaft mit in den Prozess ein.

„Lokale Sprachen sind Erbe und Identität unseres Landes. Wenn sie verschwinden, geht ein Teil unseres nationalen Erbes verloren.“

Ayu Purwarianti, Mitbegründerin von Prosa.ai

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Die Einheimischen und Besucher*innen des Rural ICT-Camps teilten auch ihre Sorge über die begrenzte und oft teure Internet-Infrastruktur in ländlichen Gebieten. Selbst in relativ gut versorgten Gebieten, wie in Ostjava ist der Ausbau der Digitalisierung eine Herausforderung. Die Unzugänglichkeit ländlicher Gebiete und ihre geringe Bevölkerungszahl hält private Anbieter*innen häufig von Investitionen ab. Deswegen haben die Gemeinden Alternativen entwickelt – wie der Einsatz von dörflichen Risikofonds zur Unterstützung des Infrastrukturbaus oder die Verwendung von lokal verfügbaren Materialien wie Bambus zum Bau von Masten. Aber auch diese Alternativen sind abhängig von lokalen politischen Interessen, Landbesitz und Naturkatastrophen, welche die Infrastruktur zerstören.

Die mangelnde digitale Kompetenz wirkt sich auch auf die Erfolge der Digitalisierung aus. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Vorteile des Internets zu nutzen. Diese Lücke wird für Menschen verschiedener Identitäten noch vergrößert. Insbesondere für Frauen und Menschen mit Behinderungen entsteht ein weiterer Nachteil, den es aufzuholen gilt. Während eines Workshops zur Sprachannotation bekamen die Teilnehmenden beispielsweise ein kaputtes Telefon, um die Herausforderungen bei der Erfassung, Kommentierung und Übersetzung ressourcenarmer Sprachdaten praktisch zu verstehen und um der digitalen Bildungslücke im Publikum zu begegnen – außer den Moderator*innen von Common Room hatte noch niemand von ChatGPT gehört.

Die Gemeinden wollen jedoch schnell mit neuen Lösungen beginnen. Die Lehren, die sie aus dem Umgang mit extremen Wetterereignissen und Pandemien gezogen haben, bilden die Grundlage für neue Vorhaben. Dazu gehört die Ausweitung von E-Klopon, einem von ICT-Watch entwickelten TV-Lernprogramm, das Kindern während des Lockdowns der Schulen dabei half, trotz fehlendem Internetzugang am Unterricht teilzunehmen.

Auch die Risk Communication and Community Engagement (RCCE) Arbeitsgruppe, die ursprünglich zur Erleichterung der Covid-Risikokommunikation geschaffen wurde, hat sich inzwischen auf die Katastrophenkommunikation ausgeweitet. Sie dient als Vermittlerin zwischen den lokalen Gemeinschaften und anderen Regierungsebenen und stärkt das Engagement der Gemeinschaften im Katastrophenrisikomanagement.

Ländliche Gemeinden in Indonesien nehmen ihre Entwicklung selbst in die Hand, brauchen aber weiterhin Unterstützung, um ihre Projekte zu verwirklichen. Die GIZ mit ihrer langjährigen Erfahrung in Klima- und KI-Projekten kann diesen Akteur*innen konkretes Wissen und Unterstützung bieten und sicherstellen, dass ländliche Gemeinden auf dem Weg zu einer nachhaltigen digitalen Transformation sind.